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Anziehen durch Erzeugen der Vorspannkraft mit einem Drehmoment

Bei den am häufigsten angewendeten Anziehverfahren wird das Drehmoment z.B. mit einem Drehmomentenschlüssel gemessen und dieses Drehmoment umgerechnet auf eine Vorspannkraft FM.

Ein Teil des Drehmomentes dient zur Überwindung der "schiefen Ebene" der Gewindesteigung und der Reibung im Gewinde, dieses Drehmoment wird mit MG
bezeichnet.

Außerdem ist Reibung unter dem Kopf vorhanden: MK.
Das Anziehmoment MA ist: MA = MG + MK

Mit den vorne angegebenen Formeln und durch mögliche Vereinfachungen, die aufgrund der kleinen Steigungswinkel keinen wesentlichen Ungenauigkeitseinfluß haben, und durch Einsetzen des Flankenwinkels 60°, ergibt sich für MG:




Der erste Term beschreibt die Umsetzung des Drehmomentes in eine axiale Vorspannkraft.

Der zweite Term beschreibt die Reibung in den Gewindeflanken. μG ist der Reibbeiwert im Gewinde.

Die Vorspannkraft FM erzeugt unter dem Kopf eine Reibkraft, die der Drehbewegung entgegenwirkt. Bezieht man diese Reibkraft auf den Reibdurchmesser unter dem Kopf (s. folgendes Bild), so ergibt sich:




mit μK: Reibbeiwert unter dem Kopf




Bild: Durchmesser der Kopfauflage


Für Dkm gilt näherungsweise:




mit
dw: Auflage-Außendurchmesser des Kopfes bzw. der Mutter
Dki: max(Da, dha, dh, da)
Da: Fasendurchmesser der Mutter
dha: Fasendurchmesser der verspannten Teile
dh: Bohrungsdurchmesser
da: Innendurchmesser der ebenen Kopfauflage

Für MA ergibt sich dadurch für metrische ISO-Gewinde:




Wird diese Gleichung umgeformt, so kann geschrieben werden:




Die möglichen Fehlerquellen beim Anziehen mit Hilfe eines Drehmomentes sind:

  • MA - Erzeugung
  • μG: Fehlergrößenordnung ca. ±20 %
  • μK: Fehlergrößenordnung ca. ±20 %


Berücksichtigt man allein den Einfluß der Schwankungen des Reibfaktors, so ergibt sich beispielsweise für ein M16-Gewinde ein Anziehfaktor von αA = 1,4.

Anziehen durch Erwärmen

Bei diesem Verfahren wird der Bolzen vor dem Anziehen erwärmt. Dann werden die Bauteile so weit zusammengeschraubt, dass es zu einem Anliegen kommt. Anschließend ergibt sich die Vorspannung durch die Abkühlung des Bolzens.

Dieses Verfahren ist sehr genau, da sich die Verlängerung eines Bolzens in Abhängigkeit von der Temperatur exakt vorausberechnen lässt.

Drehwinkelgesteuertes Anziehen

Aufgrund der zu erzeugenden Vorspannkraft sind auch die Gesamtlängung der Schraube und der verspannten Teile bekannt (fS + fP).

Diese Längung lässt sich nun durch ein Vielfaches der Steigung ausdrücken, woraus sich wiederum ein bestimmter Anziehwinkel ergibt. Dieser Anziehwinkel wird gemessen.

Während der Montage werden die Teile zunächst soweit verspannt, bis ein Schwellmoment erreicht wird. Ab diesem Moment beginnt die Drehwinkelmessung.

Die Schraube wird in diesem Verfahren bis über die Streckgrenze hinaus beansprucht. In diesem überelastischen Bereich wirken sich Winkelfehler beim Anziehen nur geringfügig auf die Streuung des Anziehmomentes aus, wodurch das Verfahren seine Genauigkeit erhält.

Fehler können durch das elastische Verhalten der Platte und der Schraube auftreten und ferner ist eine Abhängigkeit vom Reibfaktor im Gewinde vorhanden.

Durch die Beanspruchung der Schraube über den elastischen Bereich hinaus ist eine Wiederverwendung nur eingeschränkt möglich.

Das drehwinkelgesteuerte Anziehverfahren ist in der Automobilindustrie Stand der Technik.

Streckgrenzengesteuertes Anziehen

Bei diesem Verfahren wird kontinuierlich das Anziehmoment und der Drehwinkel gemessen.

Solange diese beiden zueinander proportional sind, befindet man sich im elastischen Verformungsbereich der Schraube. Erreicht man die Streckgrenze des Materials, so wird das Anziehmoment nur noch unterproportional größer.

Bei einer Relation, bei der die bleibende Dehnung 0,2 - 0,3 % ist, wird der Anziehvorgang beendet.

Vorteile sind hierbei, dass die Streckgrenze des Gewindes bzw. Schaftes direkt festgestellt werden und daher kein Einfluß vom Reibfaktor unter dem Kopf existiert.

Ferner entsteht keine Überbeanspruchung der Schraube, da geringe plastische Verformungen problemlos möglich sind. Ebenfalls ist eine Wiederverwendung der Schraube möglich.

Der Vorteil des streckgrenzengesteuerten Anziehverfahrens gegenüber dem drehmomentgesteuerten Anziehen ist, dass bei gleicher Streuung der Gewindereibungszahl die Streuung der Montagevorspannkraft geringer ist.


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