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Die Anwendung der methodischen Richtlinie soll an einem Beispiel erläutert werden.
Über den Zweck und die Umgebung des abgebildeten technischen Gebildes ist auszusagen, dass es sich um ein Reibradgetriebe mit zeitweilig aussetzendem Abtrieb handelt.


An- und Abtriebbewegung sind Drehbewegungen in entgegengesetzter Richtung. Die Antriebsbewegung ist eine kontinuierliche Drehung. Die erste und wichtigste Frage bei der Beurteilung eines technischen Gebildes muss immer die nach der Funktionsfähigkeit des technischen Prinzips sein. Dazu wird entsprechend Etappe 2 des Ablaufes der Konstruktionskritik das technische Prinzip ermittelt. Es ist im Bild 2 dargestellt. Für dieses Beispiel ist es auch zweckmäßig, die Funktionsstruktur aufzustellen und zu beurteilen. Die Funktionsstruktur des Reibradgetriebes im Bild 3 zeigt zwei Funktionsflüsse. Es fällt auf, dass im Nebenfluss die Translation s2 am Ausgang des Schaltgetriebes sowohl auf die Kupplung, als auch auf das Reibrad 1 wirkt. Da die Kupplung die Funktion der zeitweiligen Trennung von An- und Abtrieb erfüllen soll, ist die axiale Bewegung von Reibrad 1 schädlich wegen der dadurch gestörten Reibverhältnisse (siehe Fehler 6 in Tabelle 1). Andere Fehler sind in dieser Abstraktionsebene nicht zu finden.


Erst das technische Prinzip als eine konkretere Form der Darstellung lässt weitere Fehler erkennen, so die Fehler 5, 10, 16, 20 der Fehlertabelle. Die restlichen Fehler werden aus dem konstruktiven Entwurf ermittelt (siehe Etappe 6).


Da für dieses Beispiel die Forderungen der Aufgabenstellung nicht im Detail bekannt sind, erfolgt für die Bewertung eine Einteilung der möglichen Fehler in 4 Gruppen (Tabelle 2). Zur abschließenden Beurteilung (siehe Etappe 7) werden die Fehler (Tabelle 1) entsprechend der Fehlergruppe (Tabelle 2) bewertet. Die Analyse der Fehler zeigt, dass zwar einige Fehler durch relativ kleine Änderungen behoben werden können (z. B. die Fehler 9, 14, 25, 30), dass aber besonders die Fehler 5 und 6 so weitreichende Änderungen erfordern, dass eine Neukonstruktion notwendig wäre. Mit dem dargestellten konstruktiven Entwurf wird also die geforderte Funktion nicht erfüllt.
Tabelle 1: Zusammenstellung der Fehler im konstruktiven Entwurf
Hr. |
Fehler |
Fehler-
gruppe |
1 |
Spanvolumen zu groß |
C |
2 |
Montage nicht möglich |
B |
3 |
Staubschutz Kugellager fehlt |
C |
4 |
Loslager axial nicht festgelegt |
C |
5 |
Anpresskraft und radiale Beweglichkeit eines Rades fehlen |
A |
6 |
Hebel bewegt auch das Reibrad axial |
A |
7 |
Hinterschneidungen am Gussteil |
C |
8 |
Zentrierung fehlt |
C |
9 |
Drehsicherung fehlt oder Wellenabsatz zu lang |
B |
10 |
weder Fest- noch Loslager vorhanden |
A |
11 |
überbestimmt, da mehr als eine Senkschraube |
C |
12 |
Axialspiel fehlt |
C |
13 |
Rolle erst nach Befestigung des Gehäuses montierbar |
C |
14 |
Radius zu klein (Herstellung!) |
C |
15 |
Öffnung zu klein für den Schwenkwinkel des Hebels |
B |
16 |
großes Spiel fehlt, bzw. Kugelflächen am Hebel mit kleinem Spiel versehen |
A |
17 |
Standfläche nicht abgesetzt |
C |
18 |
Hinterschneidungen am Gussteil |
C |
19 |
alle Passungsangaben fehlen |
D |
20 |
Normalkraft fehlt |
A |
21 |
überbestimmt wegen Stirnlage; funktionieren der Kupplung fraglich |
B |
22 |
Dauer des aussetzenden Betriebes abhängig vom Kupplungsverschleiß |
C |
23 |
Außenkegel zu lang; Kupplung kann bei Verschleiß nicht nachsetzen |
C |
24 |
Montage nicht möglich |
B |
25 |
Ansatz an der Welle zu lang |
C |
26 |
Schlechte Zentrierung durch das Gewinde für Antriebs- bzw. Abtriebselement |
C |
27 |
Bearbeitungsflächen fehlen |
C |
28 |
Hebel klemmt beim Anziehen der Schraube |
C |
29 |
Gewindedurchmesser nicht abgesetzt |
C |
30 |
Auslauf der Gewindebohrung an schräger Fläche |
C |
31 |
Bearbeitungsfläche am Gussteil fehlt |
C |
32 |
Spiel zwischen Platte und Gehäuse fehlt |
C |
33 |
Passung zu lang; Welle absetzen |
C |
34 |
Passungsdurchmesser größer als Gewindedurchmesser wählen |
C |
35 |
ein Rad ballig ausführen |
B |
36 |
Absatz nicht notwendig |
D |
37 |
dargestellt ist 4 x 90˚ |
D |
|
Tabelle 2: Zusammenstellung der Fehlerarten und ihre Aufteilung in vier Fehlergruppen für die Konstruktionskritik
Fehler |
Fehlergruppe |
Der Fehler erfordert eine Prinzipänderung. |
A |
Der Fehler erfordert eine Gestaltänderung, damit die Funktion erfüllt oder die Herstellung möglich wird. |
B |
Der Fehler erfordert eine Gestaltänderung, damit die Funktionserfüllung sicherer oder die Herstellung erleichtert wird. |
C |
Eine Gestaltänderung wäre günstig, aber nicht notwendig. Der Fehler erfordert eine Darstellungsänderung |
D |
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