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Das Potential der VR in der Medizin wurde früh erkannt. Schon 1971 entwickelte Ivan Sutherlands Forschungsgruppe in Zusammenarbeit mit einem Ärzteteam „eine Methode zur Operation eines simulierten Zusammenflusses zweier großer Arterien. [BOSV94]






Bild 2: Forschungszentrum Karlsruhe
Quelle: www.rz.rwth-aachen.de/vr/news/previous/previousevents.php


VR- Systeme in der Medizin, so ist zu erwarten, werden sich künftig in die bereits bestehende High- Tech- Medizin mit ihren Röntgen-, Ultraschall-, Computer- und Kernspintomographie- Geräten einreihen. Viel dieser Geräte erlauben die Erzeugung von volumigen Bildern von Organen oder anderen inneren Körperteilen (Bild 3). In Verbindung mit der VR- Technik könnten diese Bildergebnisse für den behandelnden Arzt noch besser visualisiert werden. Bessere und effektivere Diagnosenmöglichkeiten werden immer wichtiger, um der Kostenexplosion im Gesundheitswesen entgegen zu steuern. [BOSV94]



VR als Training für die Praxis

Gerade in diesem Bereich ist die VR sehr wichtig. In den letzten Jahren haben sich einige neue medizinische Aspekte aufgetan. Das hat zur Folge, dass altbewährte und erfahrene Mediziner, z.B. Chirurgen, neu lernen müssen. In den Bereichen der minimalinvasiven Chirurgie und der Neurochirurgie wird es wohl kein auch noch so guter Mediziner wagen, ohne Übung ans Werk zu gehen. Und hier kommt nun die virtuelle Realität zum Einsatz. Das Risiko wird vom Patienten weg auf einen Computer übertragen. In einem virtuellen OP bekommt der Arzt einen 3-Dimensionalen Körper gezeigt, und seine Bewegungen werden auf dieses Bild übertragen. [FHES02]

VR als Hilfsmittel zur Lehre

Auch bei der Ausbildung von Studenten kann und wird  die VR bald eine Rolle spielen. Für einen Medizinstudenten ist es sehr wichtig auch praktische Ausbildung zu bekommen. Doch gerade das gestaltet sich nicht ganz einfach.

Die eine Methode ist, praktische Übungen an in Formalin eingelegten Leichen zu machen. Doch da solche Leichen natürlich einige Eigenschaften verlieren, ist dieses Verfahren nur begrenzt  einsetzbar.

Die zweite Variante ist, einen Studenten mit in den Operationsbetrieb mit einzubeziehen. Doch dies ist natürlich nur sehr begrenzt möglich, man will ja ein Menschenleben nicht durch einen unerfahrenen Studenten gefährden. Das genau ist die Stelle, an der die VR zum Zuge kommt. Wenn man einen menschlichen Körper auf einem 3-dimensionalen System abbildet, so kann ein Student die Operation aus Sicht eines Arztes beobachten und er kann auch selbst (virtuell) Hand anlegen. Angehende Mediziner können mit dem anatomischen 3D-Atlas interaktiv eine Sektion durchführen, chirurgische Eingriffe simulieren, mittels Endoskopiesimulation eine Fahrt durch die Organe machen und Animationen erstellen. [FHES02]

Mikrochirurgiesystem

Bei Zellimplantaten muss man mit einer Genauigkeit größer 10 µm arbeiten. Doch ein guter Mediziner kann höchstens auf 0.5 mm genau arbeiten. Also muss ein neues System her, die roboterunterstützte Chirurgie. Hierfür braucht man auch ein gutes Bediensystem, nämlich die VR. Ein "Mensch-Maschine-Interface", welches visuelle Orientierung und "motion Feedback" (siehe Kapitel Haptik) bietet, ist gefordert.

An der Universität Tübingen werden zur Zeit Operationsroboter entwickelt. Der Mediziner sitzt dann an einem Pult und steuert die Bewegungsabläufe dieses Roboters. Zur Kontrolle dient ihm ein visuelles Körpermodell. [FHES02]



Telechirurgie

Die in Abschnitt Mikrochirurgiesystem aufgeführten Methoden könnten ein Schritt zur Telechirurgie sein. Oft werden bei speziellen Operationen Spezialisten über eine Art Videokonferenz zugeschaltet. Das ist aber eine sehr eingeschränkte Methode. Man könnte sich z.B. in ferner Zukunft vorstellen, dass ein Spezialist in Hamburg mittels Telechirurgie und Robotik an einer Operation in Peking mitarbeitet. Er könnte hier z.B. spezielle motorische Fähigkeiten über ein Datennetz, z.B. Internet, auf einen Roboter in Peking übertragen. [FHES02]

Hilfen für Behinderte

Je nach Art der Behinderung bringt die VR- Technik sowohl positive wie auch negative Effekte für behinderte Menschen mit sich. Als von der VR- Technik benachteiligte Gruppe dürfen sicherlich die Blinden angesehen werden: Die Ausgaben des Computers sind fast immer visuell, infolgedessen ist die Anpassung komplexer Computerschnittstellen an die Bedürfnisse Blinder sehr schwierig. Dies trifft in besonderem Masse auf immersive  VR- Systeme zu, bei denen heute das Hauptgewicht auf der visuellen Ausgabe liegt. 

Sollte die Entwicklung taktiler und kinästhetischer Rückkopplungssysteme weitere Fortschritte machen, könnten Blinde zumindest die rein Taktilen und auditiven Elemente von VR- Systemen nutzen. Hierbei müsste das system nicht einmal gesondert programmiert werden, da alle Objektdaten auch für ein System mit visueller Ausgabe entsprechend vorliegen. Im Gegenteil, durch die Abschaltung der Bildrechnung könnte die Leistung eines solchen Systems bedeutend besser sein. Durch die taktile und auditive Rückkopplung können die Blinden sich Orientierungshilfen ertasten und hören, ohne sich der Gefahr auszusetzen, Verletzungen durch einen Unfall davonzutragen. [BOSV94]

Besonders körperlich behinderte Menschen können aus der VR- Technik Nutzen ziehen. Der in Zusammenarbeit von VPL und dem Medical Center der Universität von Loma Linda entwickelte „GloveTalker“ (s. Bild 5) erlaubt es nahezu bewegungsunfähigen Unfallpatienten, sich gleichsam mit dem kleinen Finger dem Klinikpersonal verständlich zu machen. Mit dem GloveTalker können mehrere hundert Phrasen programmiert werden, die die Verständigung von Schwerbehinderten oder Stummen erleichtern. In anderen Anwendung übersetzt der GloveTalker die Handgesten nicht allein in Sprache, sondern erlaubt zusätzlich die Steuerung von Geräten mittels Gesten. Im Telefondienst konnte so ein Angestellter nicht nur Anrufe beantworten, sondern auch verbinden. [BOSV94]

Für gänzlich bewegungsunfähige Menschen könnte mit einem Cyberspace- Netzwerk ein virtueller Ort geschaffen werden, an dem sie mit anderen Menschen zusammentreffen und kommunizieren können. Auf die gleiche Weise  könnten diese Menschen einer Arbeit an einem virtuellen Arbeitsplatz nachgehen. [BOSV94]




Bild 5: Beispiel für Dataglove
Quelle: www.rz.rwth-aachen.de/vr


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