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Die folgenden Erläuterungen zu den Gestaltungsrichtlinien für die Konstruktion von Schnittteilen beziehen sich im Wesentlichen auf die Anwendung mechanischer Schnittwerkzeuge. Sie sind im Grundsatz auf weitere Schneidverfahren übertragbar. Die Maximalabmessungen der Halbzeuge sind: 

  •  Platten 10m x 4m, smax = 150mm
  • Coils 2,3m x 2m breit, smax = 100mm

Der Schneidspalt beträgt etwa 10% der Blechdicke. Für diesen Fall wird das Blech bis zu 1/3 geschnitten und der Rest abgerissen. Der Schneidanteil kann durch Verringerung des Schneidspaltes vergrößert werden. Allgemeine Richtlinien für das Gestalten von Schnittteilen, unabhängig von der Funktion, des Einsatzfalles und des Herstellungsverfahrens, sind: 

  • geringe Blechdicken
  • gleiche Blechdicke




Bild:


Die Abbildung zeigt Beispiele für Blechteile, die geschnitten und gebogen wurden.




Bild: Beispiele für gebogene und geschnittene Blechteile


Neben dem Aus- oder Abschneiden können zur Herstellung von Blechteilen das Einschneiden sowie das Beschneiden von Ränder notwendig sein.




Bild: Beispiele für Einschneiden und Beschneiden von Blechteilen


Weiterhin können Nachschneiden sowie Abgraten erforderlich sein.




Bild: Beispiele für Nachschneiden und Abgraten


Das Bild zeigt weitere Beispiele für Blechteile.




Bild: Beispiele für Blechteile


Das Abschneiden (offene Schnittlinie) gegenüber dem Ausschneiden (geschlossene Schnittlinie) führt zu kürzeren Schnittkanten und somit zu längeren Standzeiten der Werkzeuge.

Die Vorteile des Abschneidens sind:

  • Kleinere Werkzeuge
  • Geringere Länge der nachzubearbeitenden Schneide
  • Niedrigere Schnittkraft




Bild: Beispiele für Abschneiden und Ausschneiden


Daraus lässt sich die Regel ableiten: Abschneiden statt ausschneiden.

Beim Ausschneiden liegt der Schnittgrad nur auf einer Seite, während er bei Abschneiden wechselseitig auf zwei Seiten liegt.

Die Lage des Grates ist für das Entgraten und das eventuell nachfolgende Biegen zu berücksichtigen.




Bild: Schnittgrad beim Ausschneiden und Abschneiden


Beim Schneiden sind schmale Stempel bruchgefährdet. Daher sollte das Einschneiden angestrebt werden.




Bild: Beispiel für Einschneiden statt Schneiden mit schmalen Stempeln


Daraus ergibt sich die Regel: Einschneiden statt schmal ausschneiden.

Die Bruchgefährdung kleiner Stempel führt zu der Gestaltungsrichtlinie, Gestaltelemente möglichst groß zu wählen.

Daraus ergibt sich die Regel: Ausschnitte möglichst groß gestalten




Bild: Gestaltbeispiele für die Vermeidung kleiner Stempel


Lageabweichungen der Stempel führen zum sichtbaren Versatz bei tangentialen Übergängen (siehe Bild).

Durch Vermeidung tangentialer Übergänge können größere Lagetoleranzen gewährt werden, die niedrigere Herstellungskosten ermöglichen.

Daraus ergibt sich die Regel: Rundungen nicht tangential auslaufend gestalten.




Bild: Probleme bei tangentialen Übergängen und deren Vermeidung durch nichttangentiale Übergänge


Die Bruchgefahr der Stempel lässt sich verringern, wenn möglichst große Bohrungen gewählt werden.

Daraus kann die Regel: Große Bohrungsdurchmesser abgeleitet werden.




Bild: Beispiel für gelochtes Blechteil mit großen Bohrungsdurchmessern


Für eine günstige Materialökonomie können nicht benötigte größere Materialflächen für weitere Teile genutzt werden. Dies sollte nur unter Beachtung der Funktion, des Design und der Festigkeit vorgenommen werden.

Die Abbildung zeigt ein Blechteil (Hauptteil), aus dessen ungenutzten großen Flächen weitere Teile (A,B,C) ausgeschnitten wurden.

Daraus ergibt sich die Regel: Nutzung großflächiger Bereiche für weitere Teile.




Bild: Beispiel für Materialausnutzung eines großflächigen Blechteils


Durch eine vorteilhafte Gestaltung bzw. Anordnung der Teile wird der Abfall verringert (Bild1).

Daraus ergibt sich die Regel: Teile platzsparend bzw. abfallfrei gestalten und anordnen.




Bild1: Beispiele Vermeidung von Abfall durch vorteilhafte Gestaltung bzw. Anordnnung der Teile


Sind die Teile abfallfrei gestaltet und angeordnet, so bezeichnet man diese Formen als Netzfiguren (Bild2).




Bild2: Beispiel für nicht abfallfrei





Bild3: Beispiele für abfallfrei gestaltete Blechteile durch Bildung von Netzfiguren


Netzbildend sind:

  • alle Dreiecke
  • alle Vierecke
  • Fünfecke unter der Bedingung, dass 2 Seiten parallel sind oder die Anordnung in einem Sternknoten erfolgen kann
  • Sechsecke, wenn sie Gleichseitenpaare besitzen oder die Anordnung in einem Sternknoten erfolgen kann

Netzbildende Grundfiguren können, ohne dass die Netzbildung verloren geht, variiert werden durch:

  • Kombination der Grundfiguren
  • Variation der Seiten




Bild: Netzbildende Grundfiguren


Das Bild zeigt ein Beispiel für die Variation der Seitenlinien der Grundform eines Fünfecks unter Beibehaltung der Netzbildung.




Bild: Beispiel Netzfiguren


Grundsätzliche Möglichkeiten der Seitenvariation besteht durch die Anwendung von Drehlinien.

Eine Seite wird durch einen zum Seitenmittelpunkt zentralsymmetrischen, sonst aber beliebig geformten Linienzug ersetzt.




Bild: Beispiele für Drehlinien zur Bildung von Netzfiguren


Die Gestaltung eines Schnittteiles erfolgt durch die Veränderung der Seiten einer Dreiecksgrundfigur durch Drehlinien.




Bild: Einsatz von Drehlinien zur Erzeugung von Netzfiguren


Durch geringe Gestaltänderungen können netzbildende Formen entwickelt werden.

Das Bild zeigt die Umgestaltung eines zu schneidenden Teils in ein trapezförmiges Vierecks mit zwei Drehlinien.

Dadurch wird erreicht:

  • ein verlustfreier Schnitt
  • weniger Schnitte
  • günstigere Lage der Biegekanten




Bild: Umgestaltung in ein trapezförmiges Vierecks mit zwei Drehlinien


Umgestaltung eines Teiles mit einem Fünfeck als Grundfigur, das eine Drehlinie enthält.

Resultat:

  • 36% Materialeinsparung
  • 50% kürzere Schnittlänge




Bild: Umgestaltung eines Teiles mit einem Fünfeck als Grundfigur und Drehlinie


Zueinander parallele Seiten einer netzbildenden Grundfigur können (auch teilweise) durch beliebige, aber jeweils gleiche und wiederum parallele Linienzüge ersetzt werden.

Im Bild ist ein Fünfeck mit 2 parallelen Seiten und einer Schiebelinie dargestellt.




Bild: Netzbildung mit Fünfeck mit 2 parallelen Seiten und einer Schiebelinie


Zur Gestaltung des Teiles (Bild) wird ein Parallelogramm mit 2 Schiebelinien verwendet.




Bild: Netzbildung mit Parallelogramm mit 2 Schiebelinien



Animation: Netzbildung mit Sternknoten



Bei Netzbildung mit Sternknoten (Häufung des gleichen Winkels) sind die von den Knoten ausgehenden Gleichseitenpaare durch beliebige untereinander gleiche Linienzüge ersetzbar (Bild). Diese Linien werden Schwenklinien genannt.




Bild: Netzbildung mit Sternknoten


Bei Grundfiguren mit 2 gleichlangen Seiten kann die Anlage so erfolgen, dass nicht wie sonst üblich die Anlage an identischen Seiten erfolgt, sondern an der gleichlangen anderen Seite.

Um aber Häufungen gleicher Winkel am Knoten zu vermeiden, ist die Grundfigur um die Mittelsenkrechte der Anlagenseite zu spiegeln. Man spricht dann von Schwenkspiegelungslinien. Die beiden Seiten können durch einen beliebigen aber gleichen Linienzug ersetzt werden. Bei Spiegelung der Grundfigur ist eine der Linien ebenfalls zu spiegeln.




Bild: Anwendungsbeispiel von Schwenkspiegelungslinien


Bild 3 zeigt die Anwendung von Seitenvariationen, die über die Linienenden der Grundfigur hinausgehen.




Bild 3: Netzbildung durch Seitenvariation


In Bild 4 sind Mehrfachanordnungen der Beispiele aus Bild 3 gezeigt.




Bild 4: Mehrfachanordnungen in Bild1 gezeigten Beispiele


Zusammenfassung der wichtigsten Gestaltungsregeln für das Schneiden:

  • Abschneiden statt ausschneiden
  • Einschneiden statt schmal ausschneiden
  • Ausschnitte möglichst groß gestalten
  • Rundungen nicht tangential auslaufend gestalten
  • Große Bohrungsdurchmesser
  • Nutzung großflächiger Bereiche für weitere Teile
  • Teile platzsparend bzw. abfallfrei gestalten und anordnen


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