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Ein Teil kann fester gestaltet werden, indem es einfach dicker herstellt wird. Dies ist aber weder mit den gießtechnischen als auch ökonomischen Forderungen in Einklang zu bringen.

Im Bild sind ein paar prinzipielle Überlegungen zum Thema Festigkeit aufgeführt. In der Mechanik bedeutet Festigkeit immer eine Spannung im Material, d.h. die pro Fläche wirkende Kraft. Die Durchbiegung an der Stelle der größten Krafteintragung wird hier mit f bezeichnet, die durch Formel [2] zu berechnen ist. Wichtig für unsere Betrachtungen ist, dass die Höhe h zur dritten Potenz in die Berechnung eingeht. Wird beispielsweise die Höhe verdoppelt, wird sich die Durchbiegung auf ein 1/8 reduzieren. In die Berechnung der Spannung (Formel [3]) geht die Höhe h nur quadratisch ein.

Im Bild sind einmal bei verschieden Höhen eines Werkstücken, mit ansonsten gleichen Randbedingungen, die Konsequenzen der Höhenänderung dargestellt.

Am Ausgangspunkt in Abbildung I beträgt die Breite b das Zehnfache der Höhe h. Im zweiten Fall wird lediglich die Höhe h des Werkstückes verdoppelt (Abb. II) und in Abbildung III wird das Werkstück aus Abbildung II einfach hochkant gestellt, d. h. das Verhältnis der Seiten Höhe und Breite kehrt sich um.
Es ergeben sich nun für die einzelnen Beispiele, die in der Tabelle aufgeführten Vergleichsergebnisse. In Beispiel II (Abb. II) ist das Volumen durch die Verdoppelung der Höhe auch auf das Doppelte angestiegen, aber dadurch reduziert sich die Spannung nur auf 1/4 und die Durchbiegung auf 1/8. In Beispiel III (Abb. III) ergibt bei gleichem Volumen, wie in Beispiel I, für die Spannung nur noch 1/10 und die Durchbiegung nur noch 1/100 der Ausgangsform I (Abb. II).




Bild: Beispiele für Qualitative Zusammenhänge


Im Bild ist ein weiteres Beispiel dafür aufgezeigt, wie sich geringe Änderungen der geometrischen Form auf die Werkstückeigenschaften auswirken.

Wenn man bei dem dargestellten Kastenprofil in Abbildung a die Werte der Torsionssteifigkeit und der Biegesteifigkeit auf 100% setzt, würden sich bei einer Änderung der Geometrie auf einen geschlossenes Kastenprofil die Werte, wie in Abbildung b verän-dern. Die Biegesteifigkeit steigt auf 150% und die Torsionssteifigkeit auf 700%.

Grundsätzlich kann also gesagt werden, dass geschlossene Profile steifer sind.




Bild: Steifigkeit


Im Bild ist ein Hohlprofil dargestellt, dass durch den Einsatz von Bodenrippen ausgesteift werden soll. Die Höhe der Rippen beträgt ein Drittel der Gesamthöhe Diese Rippen können unterschiedlich gestaltet werden (Abb. b, c, d). Die Änderungen die sich aus den einzelnen Formen bezüglich der Biegesteifigkeit und der Torsionssteifigkeit ergeben, sind im Bild dargestellt.

Die Biegesteifigkeit und Torsionssteifigkeit für das Profil ohne Rippen wird mit 100% angenommen. Wenn die Rippen wie in Abbildung b gestaltet werden, beträgt die Steigerung der Biegesteifigkeit nur 1%. Auch die Wabenstruktur aus Abbildung c bringt nur einen unerheblichen Zuwachs. Wenn die Verrippung diagonal über Kreuz zur Anwendung kommt (Abb. d), ist auch nur eine Steigerung auf 106% möglich. Verändert man die Höhe der Rippen, lassen sich weitere Verbesserungen erzielen, die jedoch in keinem Verhältnis zum Fertigungsaufwand stehen.

Etwas anders stellt es sich in Bezug auf die Torsionssteifigkeit dar. Hier ist erkennbar, dass in Abbildung d, diagonale Verrippung, eine Steigerung um fast die Hälfte erreicht wird.




Bild: Steifigkeit


Die Zielstellung im Beispiel im Bild ist es, die konstruktive Gestaltung des Gusskörpers so zu verändern, dass Materialanhäufungen vermieden oder verringert werden und gleichzeitig eine Steigerung der Steifigkeit erreicht wird.

Erster Schritt ist die Verringerung der Materialanhäufung im Bereich der Auflageflä-che, da dort eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Lunkerbildung gegeben ist. Dazu wird die Auflage verjüngt und die zylindrische Öffnung seitlich mit zwei Stegen abgestützt (Abb. b). Eine andere Möglichkeit zur Erhöhung der Steifigkeit ist der Ansatz, der in Abbildung c dargestellt ist.

Grundsätzlich kann also gesagt werden, dass die Erhöhung der Steifigkeit nicht mit Materialanhäufungen erreicht werden sollte, vielmehr gilt es die Wandstärken möglichst konstant zu halten um zusätzliche Materialfehler zu vermeiden.




Bild: Steifigkeit


Im Bild sind anhand eines Werkstückes mehrere Varianten dargestellt, wie die Biegesteifigkeit erhöht werden kann und dabei Materialanhäufungen zu reduzieren sind. Übergänge, wie in Abbildung a dargestellt, findet man in der Praxis sehr oft.

Die einfachste Variante diese zu verändern, wie in Abbildung b, ist der Einsatz von Verstrebungen. Bei einer nach oben gerichteten Krafteintragung würde in der Verstrebung eine Zugspannung auftreten. Da Gusswerkstücke aber gegenüber Druckbelastungen stabiler sind als gegenüber Zugbelastungen, sollte die konstruktive Gestaltung so verändert werden, dass im Fall der dargestellten Krafteintragung, in der Verstrebung eine Druckspannung aufgebaut wird (siehe Abbildung c).

Wenn jedoch zusätzliche Rippen vermieden werden sollen, gibt es die Möglichkeit, wie in Abbildung d dargestellt, bei der mit Einbuchtungen gearbeitet wird, die mit keiner zusätzlichen Materialanhäufung verbunden sind und die Steifigkeit erhöhen.




Bild: Festigkeit


Im oberen Bild sind verschiedene technische Elemente dargestellt, die mit verschiedenen Querschnitten realisiert wurden. In der Praxis werden T-Profile, sowie Doppel-T- und U-Profile aufgrund ihrer hohen Steifigkeit bevorzugt eingesetzt.

Das Hauptkriterium für die Steifigkeitsentwicklung ist auch hier wieder der Zusammenhang von Höhe zu Breite des Profils, der in der Festigkeitslehre als Flächenträgheitsmoment I bezeichnet wird (Formel [5.4]). Dabei geht die Profilhöhe wieder in der dritten Potenz in die Berechnung ein.




Bild: Festigkeit


Unterliegt bei einem T-Profil der Bereich (1) großen Zugbeanspruchungen, sollte dieser Bereich verstärkt werden (vgl. unteres Bild Abb. b, c).




Bild: Festigkeit


Im Beispiel im unteren Bild soll anhand eines Teiles mit einer zylindrischen Öffnung, die quer zur Ausformungsrichtung liegt, der Zusammenhang zwischen optimaler Gestaltung bezüglich der Festigkeit und der Ausformbarkeit betrachtet werden.

Wenn das Gussteil mit nur zwei Formteilen und einem Kern gefertigt werden soll, muss es in einer Art und Weise, wie in Abbildung b oder c dargestellt, umgestaltet werden, um die in Abbildung a erkennbaren Hinterschneidungen unterhalb der Öffnung zu vermeiden. Zusätzlich ergibt sich in beiden Fällen eine höhere Steifigkeit an der Einbindestelle der Öffnung.

Die Art, wie in Abbildung c die Ausbuchtung nach unten gezogen wird, kann unterschiedlich gestaltet werden. Wichtig ist dabei nur, dass die Zugänglichkeit der Öffnungen im Fußbereich nicht eingeschränkt wird. Die einzelnen Lösungen sind in der Draufsicht in den Abbildungen d, e und f dargestellt.




Bild: Festigkeit


Im Beispiel im Bild wird der Lageeinfluss der Formteilungsebenen auf die Festigkeitsentwicklung aufgezeigt. Wie bereits bei der Vermeidung der Lunkerbildung behandelt, können Lufteinschlüsse aufgrund unterschiedlicher Erstarrungsgeschwindigkeiten nicht immer vollständig entweichen. Diese Einschlüsse (siehe Abb. a) beeinflussen wichtige Materialkenngrößen, wie Querschnitt, Homogenität und Oberflächenspannung. Daraus resultierend, verringert sich die Festigkeit des Gussteiles und kann zum Versagen des Werkstückes im Belastungsfall führen.

Es gibt im vorliegenden Beispiel nicht sehr viel Möglichkeiten, die Lage der Formteilungsebene zu verändern. Eine Variante wäre, das Teil einfach umzudrehen (Abb. b). Die Lunker würden sich dabei auch wieder nach oben bewegen, aber durch eine Aufweitung des Steigers, wie in Abbildung c, wird erreicht, dass sich die Lunker in einem Bereich ansammeln, der durch eine spätere mechanische Bearbeitung entfernt wird.

Im Beispiel ist ersichtlich, dass eine Änderung der Konstruktion eines Bauteiles vermieden werden kann, wenn das Problem bereits durch eine sinnvolle Positionierung der Formteilungsebenen gelöst wird.

An diesem Beispiel zeigt sich auch deutlich, in wieweit die Aspekte der Temperaturabhängigkeit, der angestrebten Festigkeiten und des zu erwartenden Nachbearbeitungsaufwandes miteinander verknüpft sind.




Bild: Festigkeit und Formenteilung


Ein anderer Gesichtspunkt zum Thema Festigkeit wird im Bild am Beispiel einer Schlüssellochverkleidung näher betrachtet.

Bauteile, die einen geschlossenen Querschnitt besitzen, weisen dem Anguss gegenüberliegend einen Bereich auf, in dem die Vereinigung des flüssigen Gussmaterials stattfindet. Dieser auch als Zusammenflussnaht bezeichnete Bereich hat den Charakter einer Schweißnaht, da dort ähnliche Bindungen eingegangen werden.

Durch diese Diskontinuität im Materialfluss wird die Festigkeit in diesen Bereichen deutlich herabgesetzt.

Ziel sollte es nun sein, diese Flussnähte zu vermeiden oder in Zonen zu verlegen, in denen sie möglichst nicht mehr sichtbar sind (optische Mängel) und nicht mehr im Bereich der größten mechanischen Belastung liegen. Im vorliegenden Beispiel bedeutet das, dass die Flussnähte, wie in Abbildung b, durch Veränderung des Angusses aus dem Bereich der Werkstückachse verlegt werden.




Bild: Festigkeit und Gussfehler


Der Einguss ist so zu gestalten, dass der Bereich des Zusammenfließens überhaupt nicht mehr zur Geltung kommt oder gar nicht erst entsteht.

Im Bild - Abbildung a ist ein Rad dargestellt, welches in dieser Form früher als Schwungrad verwendet wurde. Als gefährdete Bereiche sind hier eindeutig die Zusammenflussnähte am äußeren Ring erkennbar.

Die Lösung in diesem Fall ist sehr einfach. Die Speichen des Rades werden zu einer Scheibe umgeformt (Abb. b). So verteilt sich das Material gleichförmig in allen Bereichen und Flussnähte können nicht entstehen.




Bild: Festigkeit


Im Bild ist ein weiteres Beispiel dargestellt, wo durch die richtige Positionierung des Angusses (Abb. b) die Bildung von Flussnähten vermieden werden kann.
Es gilt also die Regel, dass ein Anguss möglichst an einer zentralen Stelle angebracht werden sollte.

Ein weitaus größeres Problem stellt sich dar, wenn das Gussmaterial bereits vor der Vereinigung zu erstarren beginnt. Dem könnte durch die Erwärmung der Gussform in diesem Bereich entgegengewirkt werden.




Bild: Festigkeit


Das Bild zeigt einen Behälter, der auf einer beliebigen Fläche befestigt werden soll. Wenn der Behälter, wie in Abbildung a, ebenflächig auf der Unterlage befestigt wird, können an Unebenheiten Biegebeanspruchungen entstehen. Das Problem kann auch wieder mit einfachen Mitteln umgangen werden, indem Behälter und Füße nicht in einer Fläche angeordnet werden. Damit steht der Behälter leicht erhöht über der Fläche und Unebenheiten haben keinen Einfluss mehr.

Dabei ist aber zu prüfen, welchen Einfluss die Anordnung der Füße auf den Behälter hat, wenn auf ihn eine Kraft von oben wirkt. Führt dies aufgrund des hohen Eigengewichtes zum Abbrechen der Füße, ist diese Gestaltung weiter zu verändern.




Bild: Festigkeit


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