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In der Tabelle wird aufgezeigt, welche Beanspruchungen an Bauteilen auftreten können und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Als erstes werden die Zug- und Druckspannungen betrachtet, die zu einer Dehnung bzw. Stauchung des Materials führen können. Diese Spannungen (σz und σd) sind Normalspannungen. Da sie flächenbezogene Spannungen sind, sind sie theoretisch nur von der Größe der Querschnittsfläche, nicht aber von deren Form abhängig. Diesbezüglich kann diese Fläche also beliebig gestaltet werden, z.B. rund oder rechteckig.
Die Knickung ist ein Sonderfall der Druckbeanspruchung. Wird bei einem auf Druck beanspruchten schlanken stabförmigen Bauteil ein bestimmtes Verhältnis von Länge zu Querschnitt (Schlankheitsgrad λ) überschritten, kann noch vor Erreichen der zulässigen Werkstoffwiderstandswerte (zulässige Druckspannung σbzul, Elastizitätsmodul E) ein Ausknicken des Bauteiles auftreten. Dies hängt auch von der Einspannung des Bauteiles ab.
Bei der Scherbeanspruchung wirken zwei entgegengesetzt gerichtete Kräfte auf einer gemeinsamen Wirkungslinie. Dabei tritt eine Schubbeanspruchung oder Schubspannung τ in der Querschnittsfläche auf. Diese Schubspannung ist von geometrischen und Werkstoffparametern abhängig.

Tabelle: Arten mechanischer Beanspruchungen
Beanspruchungen |
Spannung |
Auswirkung |
Bemerkungen |
Zug |
 |
 |
Dehnung
l + Δl
d - Δd |
Spannung
abhängig von
der Größe der
Querschnittsfläche
(nicht von Form) |
Druck |
 |
 |
Stauchung
l - Δl
d + Δd |
Knickung |
 |
σd > σk |
Ausknicken (instationärer Zustand) |
Knicklänge lk abhängig von Einspannung |
Scherung |
 |
 |
Verschiebung
d - Δd
(mit Formänderung) |
Entgegengesetzt
gerichtetes Kräftepaar |
Flächenpressung |
 |
 |
Verschiebung
Δx Abplattung |
|
Hertzsche
Pressung |
 |
Fläche A entsteht in Abhängigkeit von Berührungsart (Punkt, Linie) |
Biegung |
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 |
Verschiebung
Δx, Δy
Formänderung |
Spannung abhängig von Form (und Lage) der Querschnittsfläche |
Torsion |
 |
 |
Verdrehung
Δφ
Verkürzung
l - Δl |
|

Die nächste Gruppe behandelt die Flächenpressungen. Wirkt eine Druckkraft auf die ebenen Berührungsflächen zweier Elemente, tritt eine Flächenpressung an der Oberfläche auf. Bei hinreichender Berührung der beiden Flächen kann annähernd von einer gleichmäßigen Verteilung der Flächenpressung ausgegangen werden. Je nach Werkstoffkenngrößen und Ebenheit führt diese Spannung zu einer Deformation der Oberfläche. Es ergibt sich eine Verschiebung δx in Richtung der wirkenden Kraft. Dieser Zusammenhang trifft nicht nur auf ebene Flächen, sondern auch für Paarungen mit gleichförmig gekrümmten Berührungsflächen zu.
Bei der Hertzschen Pressung hingegen berühren sich zwei ungleichförmige Bauteiloberflächen (Kugel-Ebene, Zylinder-Ebene) und es entsteht theoretisch eine linien- oder punktförmige Berührungsgeometrie. Wenn nun auf diese Kugel (Zylinder) eine Kraft wirkt, stellt sich als Deformation eine Abplattung der gekrümmten Berührungsfläche ein. Die Abplattung kann mit den Hertzschen Formeln berechnet werden. Die Größe dieser Abplattung ist dabei auch wieder von geometrischen und Werkstoffeigenschaften abhängig. Bei der Berührung gekrümmter Flächen muss mit entsprechend großen Abplattungen gerechnet werden. Das Verhältnis der Krümmungsradien beider Bauteile wird als Schmiegung bezeichnet. Ist dieses Radienverhältnis R1/R2=1, kann von einer idealen Berührungsgeometrie gesprochen werden.
Die nächste wichtige Form der Beanspruchung von Bauteilen ist die Biegung. Gegenüber den vorgenannten Kräftebeanspruchungen handelt es sich bei der Biegung um eine Momentenbeanspruchung, d.h. die wirkende Kraft steht dabei immer im Zusammenhang mit einem Hebelarm.
Dies wird in der Tabelle am Beispiel eines einseitig eingespannten Stabes dargestellt. Er besitzt einen Kreisquerschnitt, der mit der Biegespannung σb beansprucht wird. Die im Abstand x (hier x = Länge des Stabes) von der Einspannstelle angreifende Kraft ist nach unten gerichtet. Das Biegemoment Mb wird vom Stab aufgenommen, der dieser Durchbiegung das Widerstandsmoment Wb entgegensetzt. Das Widerstandsmoment hängt von der Form und Lage des Querschnittes entsprechend des Zusammenhangs


ab. Das Biegemoment ist demnach entsprechend des Zusammenhanges


nur von der Querschnittgeometrie abhängig. Die aus dem Biegemoment resultierende Durchbiegung (f) des Stabes ist ihrerseits von geometrischen Parametern (Flächenträgheitsmoment [I]) und Werkstoffparametern (Elastizitätsmodul [E]) abhängig.
Als Auswirkungen der Biegespannungen stellen sich Verschiebungen in x- und y-Richtung ein. Der Endpunkt des Stabes wird sich in Richtung der wirkenden Kraft verschieben, wobei eine Verformung des Körpers stattfindet. Bei der Biegung treten im Stabquerschnitt sowohl Zug- (oberer Bereich) als auch Druckspannungen (unterer Bereich) auf. In Mitte des Stabes befindet sich eine neutrale Faser. Der Querschnitt wird somit ungleichmäßig beansprucht.
Als Torsion wird die Beanspruchung des Stabes mit einem Drehmoment Md , oder auch Torsionsmoment Mt bzw. T, bezeichnet. Bei der Torsion handelt es sich ebenfalls um eine Momentenbeanspruchung. Es entsteht eine Tangentialspannung, die auch als Schub- oder Torsionsspannung τt bezeichnet wird.
Analog den bei der Biegung betrachteten Verhältnissen, wirkt auch bei der Torsion ein Widerstandsmoment, das polare Widerstandsmoment Wt, welches im Idealfall des konzentrischen Querschnittes, vom polaren Flächenträgheitsmoment IP und dem Radius, ansonsten von der Querschnittsgeometrie (Höhe, Breite) des Stabes abhängig ist.
Entsprechend des allgemeinen Zusammenhanges


ergibt sich die Torsionsspannung τt als Verhältnis zwischen dem Drehmoment Md, also dem eingeleiteten Torsionsmoment und dem Widerstandsmoment Wt. Die sich ergebende Verformung kann aus dem Hookeschen Gesetz für Schub berechnet werden. Als Ergebnis ergibt sich die Verdrehung Δφ und eine Verkürzung Δl. Der Körper wird sich solange elastisch verdrehen, bis eine plastische Torsion eintritt. Dabei entsteht eine Verkürzung des gesamten Bauteiles. Auch hier ist die Lage und Form des Querschnittes von Einfluss. In der Mitte des Querschnittes existiert gleichfalls eine neutrale Faser und am Umfang wirken die entsprechenden Kräfte. Die äußeren Zonen werden also wieder stärker als die inneren beansprucht. Aus diesen, sich ergebenden Spannungsverläufen sowie aus der Betrachtung des Flächenträgheitsmomentes resultiert, dass Hohlprofile eine größere Biege- und Torsionssteifigkeit besitzen als Vollprofile bei gleichem Materialvolumen. Hierin liegt die Voraussetzung für einen ökonomischen Materialeinsatz bzw. für die Leichtbauweise. Die obige Tabelle stellt eine Rangfolge hinsichtlich der Beurteilung der Spannungen dar. Alle kompliziert zu berechnenden Spannungsfälle, sind in der Praxis auch schwierig in ihrer Umsetzung.
Im Bild wird die Einleitung von Kräften an Koppelstellen dargestellt. Für die Betrachtung dieser Kräfteeinleitungen gelten zunächst die Grundsätze, dass die Reibung an den Koppelstellen vernachlässigt wird und dass an den Paarungsstellen bevorzugt nur Normalkräfte aufgenommen werden sollen. Betrachten wir die Beispiele im Einzelnen:
In Abbildung a ruht ein flächiger Körper auf einer ebenen Unterlage. Wird dieser Körper belastet, treten nur Normalkräfte auf. Dies ist der klassische Fall der Krafteinleitung.


In Abbildung b ist die Paarungsstelle so gestaltet, dass eine Ebene mit einer gekrümmten Fläche gepaart wird. Auch hier treten Normalkräfte auf. Die Tangentialfläche der gekrümmten Ebene ist die Bezugsfläche. Die Wirkungslinie der Kraftaufnahme verläuft immer durch den Berührungspunkt und den Krümmungsmittelpunkt. Wenn zwei gekrümmte Flächen bei einer Paarung aufeinandertreffen, gilt dies analog (Abb. c). In Abbildung d handelt es sich um die Paarung einer konvex und einer konkav gekrümmten Fläche. Auch hier wird das gleiche Prinzip zu Ermittlung der Kraftrichtung angewendet. Die beiden Krümmungsmittelpunkte werden miteinander verbunden.
Liegt auf dieser Verbindungslinie der Berührungspunkt beider Flächen, ist die Richtung der Krafteinleitung eindeutig und es handelt sich wieder um eine Normalkraft.
In der Praxis tritt selten der Fall ein, dass nur Normalkräfte einwirken, oft handelt es sich um schräg angreifende Kräfte. Ausgangspunkt, wie im Bild Abbildung a dargestellt, ist eine einfache Elementepaarung, bei der die Kraft unter einem Winkel auf den Körper einwirkt. Um diesen Fall der Krafteinwirkung zu veranschaulichen wird auf die Komponentendarstellung aus der Physik zurückgegriffen. Dabei wird die wirkende Kraft in einem Kräfteparallelogramm in ihre Normalkomponenten des horizontal und des vertikal wirkenden Kraftanteiles zerlegt. Während die Vertikalkomponente eine Flächenpressung der beiden Berührungsflächen bewirkt, resultiert aus der Horizontalkomponente eine Bewegung des Körpers.


Diese Bewegung des Körpers soll jedoch verhindert werden. Wenn nur Normalkräfte übertragen werden sollen, muss die Paarung geometrisch umgestaltet werden (siehe Abb. b1 und b2). Diese Art der Paarung wird auch als Formpaarung bezeichnet.
In Abbildung b1 wird die Formpaarung so realisiert, dass keine Zerlegung der Kräfte erfolgt, sondern die eigentlich kraftübertragende Fläche wird so verändert, dass sich zwischen ihr und der Kraftrichtung wieder ein rechter Winkel einstellt (Schräge). Somit wirkt F als Normalkraft.
Die Variante b2 zeigt, wie die angreifende Kraft in zwei Normalkraftkomponenten zerlegt und beiden Kraftrichtungen eine Abstützfläche entgegengesetzt wird.
In den Abbildungen c1 und c2 werden Beispiele betrachtet, in denen gekrümmte Flächen, hier Zylinderflächen, an der Kraftübertragung beteiligt sind. In Abbildung c1 liegt eine symmetrische Belastung vor, d.h. die Kraft wirkt in Richtung der Symmetrielinie des V-Prisma. Die gleich großen Kraftkomponenten F1 und F2 , die auf die Flächen wirken, sind wieder Normalkräfte. Die Größe dieser Kräfte ist vom Öffnungswinkel abhängig, sie nimmt mit größer werdendem Winkel ab.
In Abbildung c2 wird veranschaulicht, wie sich die Kraftkomponenten F1 und F2 verändern, wenn die Kraft F nicht symmetrisch angreift. Auch dort ergeben sich Normalkräfte, allerdings unterschiedlicher Größe. Das bedeutet aber auch, dass die Beanspruchung der Flächen unterschiedlich ist, was für die Betrachtung des unterschiedlichen Verschleißverhaltens beider Flächen wichtig ist.
Für alle formgepaarten Verbindungen lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Berührungsflächen der Elemente so angeordnet werden sollten, dass sie Normalkraftkomponenten der angreifenden Kraft aufnehmen können. Vorzugsweise sind diese Elementepaarungen so zu gestalten, dass die Beanspruchung der beteiligten Stützflächen symmetrisch ist.
Die im Bild dargestellte Möglichkeit der Übertragung schräg angreifender Kräfte beschreibt die Anwendung der Kraftpaarung.
Die unter dem Winkel α schräg angreifende Kraft F wird wieder in ihre Normalkomponenten FN und FH zerlegt. Als Reaktionskräfte ergeben sich damit die Komponenten -FN und FR . Solange die Reibungskraft FR größer oder gleich der horizontalen Kraftkomponente FH ist, findet keine Relativbewegung der beiden Körper zueinander statt. Die äußere Reibung an den Berührungsflächen wird zur Fixierung der beiden Körper genutzt. Es werden auch die Begriffe Haftreibung, statische Reibung oder Ruhereibung verwendet. Nach dem Aggregatzustand der sich berührenden Körper handelt es sich um eine reine Festkörperreibung nach Coulomb (1799) bzw. Amontons (1699).


Die Reibungskraft FR ist proportional der Normalkraftkomponente FN und wird durch den Proportionalitätsfaktor m, den Reibungskoeffizient, bestimmt. Der Reibungskoeffizient ist von der Werkstoffpaarung abhängig.
Die Reibkraft FR ist definiert durch die Gleichung:


Das ist die physikalische Grundlage einer Kopplung durch Kraftpaarung. Damit keine Relativbewegung der Körper gegeneinander stattfindet, muss die Bedingung


für die Kraftpaarung gelten.
Das Verhältnis von Reibkraft zu Normalkraft wird auch durch den Reibwinkel ρ widergespiegelt:


Das Verhältnis der Kraftkomponenten (Normalkraft FN und Horizontalkraft FH) zueinander wird durch den Winkel α der angreifenden Kraft bestimmt:


Werden nun die Bedingungen [3] und [4] in [2] eingesetzt, so ergibt sich:


oder:


Aus dieser Beziehung lässt sich die Schlussfolgerung ableiten, dass eine Kraftpaarung durch Reibung gesichert ist, wenn der Reibwinkel gleich oder größer dem Winkel der schräg angreifenden Kraft ist (ρ≥α). Dies bedeutet, dass der Winkel der angreifenden Kraft nur bis zu einer bestimmten Größe verändert werden kann. Wird das Gleichgewicht überschritten, beginnt der Körper zu rutschen.
Der Reibungskoeffizient von Stahl auf Stahl beträgt unter normalen Bedingungen μSt/St = 0,15 und daraus ergibt sich ein Reibwinkel von ρ = 8,5°. Alle Kräfte, die in einem Winkel kleiner 8,5° zur Vertikalen angreifen, werden von dieser Paarung aufgenommen. Da diese Krafteinleitung richtungsunabhängig ist, ergibt sich für die mögliche Kraftrichtung die Form eines Kegels, auch Reibkegel genannt, dessen Spitzenwinkel 2ρ beträgt. Alle Kräfte, die innerhalb dieses Reibkegels angreifen, können also von dieser Paarung aufgenommen werden.
Zur Erhöhung der Aufnahmefähigkeit einer solchen Paarung besteht die Möglichkeit den Reibungskoeffizienten μ oder die Normalkraftkomponente zu erhöhen. Dies wird im Falle des Reibungskoeffizienten durch eine günstigere Werkstoffpaarung realisiert. Zur Erhöhung der Normalkraft werden mechanisch-kraftverstärkende Mittel, wie Hebel, Keile, Federn, Excenter, Schrauben oder Magnete verwendet.
Die dritte Variante zur Aufnahme von schräg angreifenden Kräften ist die Stoffpaarung (Bild) oder auch stoffschlüssige Verbindung. Dabei werden die molekularen Kräfte innerhalb der Werkstoffe (Kohäsion beim Schweißen) oder an den Grenzflächen verschiedener Werkstoffe (Adhäsion beim Löten, Kleben und Kitten) ausgenutzt. Stoffschlüssige Verbindungen sind spielfrei und in der Regel ohne Zerstörung des Stoffgefüges nicht oder nur bedingt lösbar (z.B. Lötverbindungen).


Bei dieser Art der Elementepaarung können Kräfte in allen Richtungen aufgenommen werden, was von großem Vorteil ist.
Der Kraftfluss ist der Weg einer Kraft in einem Bauteil oder einer Baugruppe von der Einleitungsstelle bis zu der Stelle, an der diese durch eine Reaktionskraft aufgenommen wird. Dieser Weg lässt sich durch Kraftflusslinien darstellen (siehe Bild). Auch hier gilt, wie in allen Bereichen der Physik, der Grundsatz:
actio gleich reactio
Der Kraftfluss in technischen Systemen ist immer kreisläufig, d.h. er muss stets geschlossen sein.


In Abbildung a ist eine Klemmverbindung (elastisches Federgelenk) dargestellt, bei der eine Schraube als kraftverstärkendes Mittel zur Sicherung des Kraftschlusses eingesetzt wird. Die Bohrung dient zur Aufnahme eines Rundprofils, an dem die Klemmvorrichtung später sitzen soll. Der Querschnitt des Werkstückes ist an einer Stelle reduziert, so dass eine vorbestimmte Biegestelle entsteht. Durch Anziehen der Schraube kann die Klemmung hervorrufen werden. Die Schraube erzeugt eine Kraft F, welche die beiden elastischen Teile zusammenpresst.
Der Kraftfluss verläuft also von der Stützfläche der Schraube zur Klemmstelle des Rundprofils und von dort über das Gewinde zurück zur Schraube. An der Berührungsstelle zwischen Rundprofil und Bohrung treten nur Normalkräfte auf und die Paarung wird durch Kraftschluss und Reibung an der Berührungsfläche gesichert.
Im Folgenden werden anhand von Beispielen einige Prinzipien der kraftflussgerechten Gestaltung und Werkstoffauswahl näher betrachtet.
Prinzip: Das Prinzip der kurzen und direkten Kraftleitung.
Dies soll anhand einer Rastung, Abbildung b und c, erläutert werden.
Die drehbar gelagerte Scheibe besitzt vier Raststellungen. Wird die Grenzkraft durch Drehen der Scheibe überwunden, wird die Rolle herausgedrückt und der Hebel angehoben. Die Rolle rollt auf der Kreisfläche der Scheibe ab und rastet in der nächsten Nut wieder ein. Die Kraft, durch die die Formpaarung zwischen Rolle und Nut gesichert wird, erzeugt eine Druckfeder.
Betrachten wir nun den Kraftfluss in diesem Mechanismus. Die vorgespannte Druckfeder erzeugt eine Kraft die über den Hebel und die Rolle auf die Rastscheibe übertragen wird. Die Kraft wird an den Berührungsflächen Rolle-Nut als Normalkraft übertragen (siehe auch Bild 'Aufnahme schräg angreifender Kräfte' - Abb. c1). Über die Lagerung der Rastscheibe wird die Kraft wieder in den Grundskörper eingeleitet und der Kraftfluss ist über das Hebellager und das Gegenlager der Feder geschlossen.
Der Kraftfluss durchsetzt alle Bauteile des Mechanismus und führt zu Beanspruchungen. Besonders ungünstig ist die Biegebeanspruchung am Hebel, der aus diesem Grund entsprechend gestaltet werden muss. Nachteilig sind auch die Scherkräfte und Flächenpressungen am Lager der Scheibe, das durch die Rastkräfte belastet wird.
Konstruktive Verbesserungen ergeben sich durch die Verkürzung des Kraftflusses. Die Feder wurde so angeordnet, dass keine Kraftumlenkung über einen Hebelarm mehr erfolgt. Die eingesetzte Zugfeder erzeugt direkt die notwendige Rastkraft. Zusätzlich wurde diese Rastkraft auf zwei Rollen, die symmetrisch angeordnet sind aufgeteilt.
Die von den Rollen auf die Rastscheibe übertragene Kraft wirkt somit nicht mehr auf das Lager der Scheibe, sondern wird durch die zweite Gegenrolle aufgenommen.
Bei der Anordnung in Abbildung c1 wird jedoch nach wie vor ein Teil der Kraft in Form einer Biegebeanspruchung über die Hebel übertragen. Soll dies gänzlich vermieden werden, können, wie in Abbildung c2, die Hebel völlig belastungsfrei gestaltet werden. Dazu wird die Aufhängung der Feder an die Achspunkte der Rollen verschoben. Empfehlenswert ist eine symmetrische Anordnung von zwei Federn. Der Kraftfluss verläuft dann nur noch über Feder - Rolle - Scheibe - Rolle - Feder, wobei die Hebel nur noch eine arretierende Funktion haben.
Die Forderung, dass beide Rollen gleichzeitig einrasten sollen, impliziert aber gleichzeitig die Überbestimmtheit dieses Mechanismus, die durch die Anordnung eines Langloches vermeidbar ist.
Das Prinzip der kurzen und direkten Kraftleitung erfordert also ein Gesamtgestaltungskonzept, bei dem möglichst wenige Teile beansprucht werden und die Wege der Kraftweiterleitung möglichst kurz sind. Dabei dürfen natürlich andere Gestaltungsgrundsätze nicht ignoriert werden.
Die gelagerte Welle im Bild b wird durch die Radialkraft FR eines Zahnrades oder eines Riemenrades und wechselnden Axialkräften FA beansprucht. In Abbildung a verläuft der Kraftfluss der Radialkraft FR von der Einleitungsstelle über die beiden Wellenlager zum Gestell. Da wir nur einen Ausschnitt aus einem Gesamtsystem betrachten, ist der Kraftfluss hier nicht geschlossen.


Der Kraftfluss der Axialkraft FA, im Beispiel eine nach links gerichtete Zugkraft, verläuft von der Einleitungsstelle am linken Ende der Welle über ihre gesamte Länge, über die Stützfläche des Sicherungsringes am rechten Wellelager zum Gestell. Wenn die Welle nach links gezogen wird, wird die Kraft rechts aufgenommen, sodass ein langer Kraftweg besteht.
In Abbildung b wird eine konstruktiv verbesserte Lösung angeboten. Der Kraftfluss der Radialkraft FR ist nicht verkürzbar. In der neuen Anordnung werden die Stützringe nicht an beiden Enden der Wellen angebracht, sondern nur an einer Seite. Das vom Kraftfluss durchsetzte Volumen ist jetzt wesentlich kleiner und der Weg viel kürzer. Die Axialkraft FA kann nun komplett an der einen Lagerstelle aufgenommen werden. Der Kraftfluss schließt sich somit sehr kurz. Da die Stützringe mit Stiften auf der Welle gesichert sind, verläuft der Kraftfluss unmittelbar über diese Elemente in das Gestell.
Diese Form der Lagerung von Wellen oder ähnlichen schlanken Bauteilen (Achsen, Träger usw.) wird allgemein als das Prinzip Fest-/Loslager bezeichnet (in der Statik auch: einseitig eingespannter Träger auf zwei Stützen). Das feste Axiallager muss unter Berücksichtigung der auftretenden Kräfte dimensioniert werden und die Werkstoffauswahl darauf abgestimmt sein. Ein weiterer Vorteil dieser Anordnung ist, dass eine Wärmedehnung der Welle ausgeglichen werden kann, wenn unterschiedliche Materialien für Welle und Gestell (z.B. Welle Stahl, Gestell AL-Druckguss) mit unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten eingesetzt werden.
Die Abbildung a zeigt die Führung eines Bauteiles, das in Richtung der Stellschraubenachse verschiebbar ist. Durch die Feder wird sichergestellt, dass beim Zurückdrehen der Schraube das Bauteil durch die Federkraft zurückgeschoben wird und Spielfreiheit zwischen Bauteil und Stellschraube besteht.
Der Kraftfluss durchläuft auch in dieser Baugruppe alle Einzelteile. Die gesamte Anordnung ist miteinander verspannt, was dem Gestaltungsprinzip der kurzen und direkten Kraftleitung widerspricht. Das Gegenlager der Feder beansprucht die Gehäusewand auf Biegung.


Zwei Zugfedern parallel zur Schraube angeordnet, verkürzen den Kraftfluss bei gleicher Funktion. Vorteilhaft ist bei dieser Anordnung noch die zusätzlich erreichte Materialeinsparung. Die rechte Stützwand kann entfallen.
Nachfolgend werden die einzelnen Beanspruchungsarten näher betrachtet und mittels konstruktiver Veränderungen in der Bauteilgestaltung komplizierte Belastungsfälle verändert und vereinfacht. Ausgangspunkt für diese Überlegungen ist wieder die Tabelle 'Arten mechanischer Beanspruchungen'.
Die Tabelle stellt eine Rangfolge der Belastungsfälle dar. Es sollte also stets versucht werden, komplexe Belastungsfälle in einfache Spannungsfälle, wie Zug- oder Druckspannungen zu verwandeln.
Das im Bild dargestellte Beispiel zeigt einen Träger, der mit einer Kraft F beansprucht wird. Da die Kraft mittig an dem waagerechten Trägerteil angreift, wird sie in diesem Teil eine Durchbiegung und Deformation bewirken. Die Biegebeanspruchung steht in der Tabelle 'Arten mechanischer Beanspruchungen' weit unten, was bedeutet, dass sie zu den ungünstigen Belastungsfällen zählt.


Das Beispiel im Bild demonstriert, wie die vorher dargestellte Biegebeanspruchung durch eine konstruktive Veränderung der Baugruppe vermieden werden kann.
Zug und Druck


Es wird die gleiche Kraft eingeleitet, die sich jetzt jedoch auf die beiden schrägen Schenkel aufteilt. Im unteren Bereich wurde eine Verbindungsstrebe eingesetzt. An den beiden Knotenpunkten teilen sich die beiden schräg wirkenden Kräfte in eine Normalkraftkomponente und eine horizontale Komponente auf. Die Normalkraft wird durch die Unterlage aufgenommen und die im Verbindungsstück angreifende Horizontalkraft kommt als Zugkraft zur Geltung. Das Verbindungsstück hat also eine stabilisierende Funktion und soll das Versagen der ganzen Anordnung verhindern. Wenn es nicht vorhanden wäre, würde die horizontale Kraftkomponente die beiden Schenkel auseinanderdrücken.
Durch diese Anordnung wurde erreicht, dass nur noch Zug- und Druckspannungen in der Baugruppe wirken.
Da bei der vorherigen Bild 'Eindeutige Beanspruchungen (Zug- und Druckspannungen)' noch zusammen vorlagen, wird eine Anordnung gesucht, die nur durch eine einzige Beanspruchungsart belastet wird.
In der abgebildeten Konstruktion werden die durch die Schenkel schräg angreifenden Kräfte durch Stützflächen aufgenommen, die senkrecht zu diesen Kräften angeordnet werden, so dass nur Normalkräfte auftreten. Die Querkräfte werden vom Fundament aufgenommen. Es tritt nur noch eine Beanspruchungsart auf, nämlich eine Druckbeanspruchung in den Schenkeln. Bei der Berechnung und Auslegung der Schenkel muss lediglich beachtet werden, dass sie in Abhängigkeit von ihrem Schlankheitsgrad einer Knickung unterliegen können.
Druck


In der, im Bild dargestellten Lösung wird ebenfalls davon ausgegangen, dass nur eine Beanspruchungsart auftreten soll. Die Baugruppe besteht aus zwei Seitenlagern mit jeweils einem Stab. Die beiden Stäbe sind über ein Gelenk miteinander verbunden. Genau auf diesen Verbindungspunkt wirkt die vertikal angreifende Kraft. Bei symmetrischer Anordnung wird die angreifende Kraft gleichmäßig auf die beiden Stäbe verteilt, wo sie als reine Zugkraft wirkt. Die Kraftweiterleitung in den Lagern soll dabei nicht näher betrachtet werden.
Zug


Solche speziellen Lösungen sind jedoch von der Aufgabenstellung abhängig und bieten sich nicht in jedem Fall an. Durch die aufgezeigten Varianten sollte lediglich gezeigt werden, wie ungünstige Belastungen so umgeformt werden können, dass nur noch bevorzugte Beanspruchungen, wie Zug und Druck daraus resultieren. Torsions- und Biegebeanspruchungen sollten vermieden werden, da Ihr Verformungspotential größer ist.
Das Prinzip des Kraftausgleiches lässt sich aus dem vorhergehenden ableiten. Auch hier ist der Grundgedanke, einen kurzen und direkten Kraftfluss zu realisieren. Die Zahnräder im Bild sind schräg verzahnt und in einem Gestell gelagert. Infolge der Zahnradschrägen werden axiale Kräfte erzeugt, die, wie in Abbildung a, von den Lagern aufgenommen werden müssen.
Das obere Rad wird nach links und das untere nach rechts gedrückt (Pfeil). Der Kraftfluss verläuft über das Gestell und die Lager, d.h. die gesamte Konstruktion wird wieder mit dem Kraftfluss durchsetzt. Das Gehäuse und die Lager müssen dementsprechend konstruiert sein. Zusätzlich müssen an den Stützstellen (linkes oder rechtes Axiallager) diese Axialkräfte durch Stützringe übertragen werden, um die Zahnradpaarung aufrecht zu erhalten. An diesen Übertragungsstellen ist mit einem zusätzlichen Materialverschleiß aufgrund der Reibung zu rechnen.


Die Lösung dieses Problems zeigt Abbildung b. Durch die Kombination zweier Zahnräder wird eine sogenannte Pfeilverzahnung realisiert, d.h. auf einer Achse werden zwei spiegelverkehrt zueinander stehende Zahnräder angeordnet, die fest miteinander verbunden sind. In der Praxis wird meist ein einziges Zahnrad mit Pfeilverzahnung eingesetzt. Die entgegengesetzt gerichteten Kräfte heben sich auf und der Kraftfluss in axialer Richtung ist geschlossen. Der Kraftfluss verläuft hier nur über das Verbindungsstück der beiden Zahnräder und hat somit den kürzestmöglichen Weg. Man spricht hier vom Kraftausgleich. Die Lagerstellen sind frei von zusätzlichen Axialkräften, ebenso wie das Gehäuse von diesen Reaktionskräften nicht beansprucht wird. Der zusätzliche Aufwand für das jeweils zweite Zahnrad und die Verbindungselemente wird durch den Einsatz einfacherer Lager und eines leichteren Gehäuses mehr als nur ausgeglichen.
Im abgebildeten Beispiel, Abbildung a, ist eine kraftschlüssige Kupplung dargestellt. Sie ist kegelförmig gestaltet, damit eine große Fläche und größere Normalkräfte zur Übertragung erzielt werden. Über die Druckfeder wird eine axiale Kraft erzeugt, mit der die beiden Kupplungsscheiben gegeneinander gepresst werden. Der Kraftfluss verläuft von hier weiter über den Stützring der Abtriebswelle und ihr Axiallager auf das Gehäuse. Auch hier wird wieder die gesamte Konstruktion vom Kraftfluss durchsetzt.


Die in Abbildung b dargestellte Variante zeigt eine Lösung dieses Problems. Hierbei werden zwei Kupplungsscheiben symmetrisch angeordnet. Diese sind konisch gestaltet und besitzen eine entsprechende Gegenfläche für die Kraftübertragung. Die Feder drückt beide Kupplungsscheiben auseinander. Der Kraftfluss verläuft hier von der Feder nur über die beiden Kupplungshälfte und wird auf dem kürzesten Weg wieder geschlossen. Der Kraftausgleich ist innerhalb des Bauteils umgesetzt worden.
Zusammenfassend zum Prinzip des Kraftausgleichs:
Nicht funktionsrelevante Kräfte, die zur zusätzlichen Beanspruchung an Lagern und anderen Teilen führen können, sollten bereits innerhalb der Baugruppe ausgeglichen oder aufgehoben werden.
Zur Erläuterung wird hier wieder auf das Beispiel der Wellendimensionierung. Ausgehend von einer angreifenden Biegespannung wurde dort die Wellengestalt in Form einer Kurve (kubische Parabel) berechnet, für die gilt, dass die Belastung an jedem Querschnitt der Kurve gleich groß ist. Wenn das Material optimal ausgenutzt werden sollte, müsste die Welle genauso gestalten sein, wie diese Kurve verläuft. Das Prinzip der gleichen Gestaltfestigkeit besagt, dass eine Konstruktion so ausgeführt werden soll, dass die Beanspruchung an allen Stellen des Bauteiles gleich groß ist.


Vorrangig wird dieses Prinzip bei der Dimensionierung von Wellen und Trägern angewendet. Das Ziel ist eine gleichmäßige Ausnutzung des Werkstoffes. Zu beachten ist aber, dass eine Durchbiegung auftritt und diese Deformation funktionsstörend sein kann.
Dadurch sollen scharfe Kraftflussumlenkungen und Änderungen der Kraftflussdichte infolge schroffer Querschnittsänderungen vermieden werden, um ungleichmäßige Spannungsverteilungen mit hohen Spannungsspitzen zu vermeiden.
Außer der Betrachtung des Kraftflusses ist es hier wichtig, das Verformungsverhalten, der an einer Verbindung beteiligten Bauteile zu betrachten. Nach dem Prinzip der abgestimmten Verformung sind also die beteiligten Komponenten so zu gestalten, dass unter Beanspruchung eine weitgehende Anpassung mit Hilfe entsprechender, jeweils gleichgerichteter Verformungen bei möglichst geringer Relativverformung entsteht.


An Verbindungsstellen, wie beispielsweise an den im Bild dargestellten Lagerungen können aus den angreifenden Kräften ungleichmäßige Verformungen resultieren. Die im Bild dargestellten Wellen werden jeweils mit derselben Kraft auf Biegung beansprucht. Das Ergebnis dieser Beanspruchung ist eine Flächenpressung p in den Lagern, die je nach Ausführung des Lagers unterschiedlich ist.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde jeweils auf die Darstellung des zweiten Lagers verzichtet. Der Verlauf der Flächenpressung wird in den Diagrammen unter den Beispielen aufgezeigt.
Bei der Passung in Abbildung a resultiert aus der fehlenden Anpassung des Lagerauges an die Durchbiegung der Welle eine hohe Beanspruchung an beiden Seiten des Lagers, eine sogenannte Kantenpressung. Dadurch wird ein erheblicher Verschleiß an Lager und Welle hervorgerufen. Die beiden Lager in Abbildung b und c sind im Prinzip bauartgleich, jedoch in zwei unterschiedlichen Varianten mit der Welle gepaart. Es ergeben sich dadurch in den Lagern unterschiedliche Reaktionskräfte. Das Lager in Abbildung b setzt natürlich der Durchbiegung eine größere Kraft entgegen, da der Ring mit dem größeren Durchmesser ein größeres Widerstandsmoment aufweist. Die daraus resultierende Kantenpressung ist wieder sehr hoch und eine Anpassung des Lagers an die Wellendurchbiegung findet dort nicht ausreichend statt.
Die Anordnung in Abbildung c entspricht dem Prinzip der abgestimmten Verformung. Der Teil des Lagers mit dem kleineren Querschnitt kann durch Deformation der Durchbiegung der Welle folgen. Verbessern lässt sich dies noch, wenn Materialien eingesetzt werden, deren Verformungsverhalten annähernd gleich ist. Aus dieser Anordnung resultiert eine gleichmäßigere Lagerpressung.
Die bestmögliche Variante wird in Abbildung d aufgezeigt. Zwischen Welle und Lager wird eine Buchse eingesetzt. Die Berührungsflächen zwischen Buchse und Lager sind kugelförmig gestaltet, so dass die Durchbiegung der Welle und damit ihre Lageabweichung durch ein Kippen der Buchse ausgeglichen wird. Die resultierende Kraft wird durch das Nachgeben der Buchse gleichmäßig über die gesamte Lagerlänge verteilt und fällt nur an den Kanten ab. Ein Anwendungsbeispiel ist der Einbau derartiger Buchsen in Elektromotoren zur Vermeidung von Überbestimmtheiten bei nicht fluchtenden Lagern. Die Lösung ist selbsteinstellend, denn sie passt sich der jeweiligen Wellenposition an.
Die bestmöglichste Lösung ist also diejenige, bei der die Flächenpressung am gleichmäßigsten verteilt ist.
Das Prinzip der abgestimmten Verformung befasst sich also mit unterschiedlichen Querschnitten, die unterschiedliche Kräfte aufzunehmen haben, aus denen wiederum unterschiedliche Deformationen resultieren.
Ein typisches Beispiel für das Gestaltungsprinzip der abgestimmten Verformung ist die Anordnung Welle - Nabe (hier als aufgeschrumpftes Zahnrad). Beim Durchleiten eines Torsionsmomentes erleidet die Welle eine Torsionsverformung, die in dem Maße abnimmt, wie das Moment an die Nabe übertragen wird. Die Nabe verformt sich ihrerseits entsprechend des zunehmenden Torsionsmomentes.


Nach Abbildung a treffen die maximalen Verformungen mit entgegengesetzten Vorzeichen bei A aufeinander (entgegengerichtete Verformung) und bewirken dabei eine erhebliche Verschiebung der Oberflächen am Nabensitz gegeneinander.
Bei Wechsel- oder Schwellmomenten kann das zu einer Reibrostbildung führen, abgesehen davon, dass die Zonen am rechten Ende praktisch an der Verformung nicht mehr teilnehmen und nicht mehr zur Drehmomentenübertragung beitragen.
Die in Abbildung b dargestellte Lösung ist bezüglich des Beanspruchungsverlaufes wesentlich günstiger, weil die resultierenden Verformungen gleichgerichtet sind. Die beste Lösung ergibt sich, wenn die Nabenverdrehsteifigkeit auf die Torsionsverformung der Welle abgestimmt ist. Auf diese Weise beteiligen sich alle Zonen an der Kraftübertragung mit dem Ergebnis einer gleichmäßigeren Kraftflussverteilung, die das geringste Beanspruchungsniveau ohne größere Spannungsspitzen besitzt.
Eine andere Überlegung lässt sich aus Abbildung b noch leicht ableiten. Es bietet sich an, die Geometrie der Nabe dem Kraftverlauf anzupassen, d.h. auch bei der Übertragung von Torsionsmomenten ist darauf zu achten, dass keine schroffen Übergänge zwischen den Querschnitten eingearbeitet werden. Sie sollten möglichst keine unterschiedlichen Deformationen aufweisen und sich der zu erwartenden Deformation möglichst anpassen. Die Betrachtung des Kraftflusses kann also helfen, die Geometrie so zu gestalten, dass die Deformationen aufeinander abgestimmt sind und somit das gesamte Konzept der abgestimmten Verformung greift.
Das Prinzip der abgestimmten Verformung gilt auch für die Gestaltung der Bauteile selbst. In Abbildung a1 ist eine Welle mit Absatz dargestellt, auf der sich z.B. ein Lager befinden könnte. Der Kraft- und Spannungsverlauf erfährt innerhalb der Welle eine sehr starke Umlenkung. Am Übergang zwischen kleinem und großem Durchmesser konzentrieren sich die Spannungen. Ihre Änderung ist innerhalb dieser beiden Stellen sehr stark ausgeprägt. Es entsteht eine Kerbwirkung, wodurch der Querschnitt gefährdet ist. Würde die Welle eine ungünstige Belastung (wechselnde - oder Spitzenlast) erfahren, so wäre ein Versagen, verursacht durch die Spannungskonzentration, möglich. Eine Verbesserung der Lösung ergibt sich, wenn, wie bei der Torsion schon angewendet, eine Geometrie angewendet würde, die den Spannungsverlauf verbessert und sich ihm gegebenenfalls anpasst. Bei der Konstruktion in Abbildung a2 wird ein sogenannter Trompetenzapfen verwendet. Er hat eine wesentlich günstigere Spannungsverteilung, da er nicht mehr durch Kerbwirkungen beeinträchtigt wird. Trompetenzapfen von sehr kleinem Durchmesser werden z.B. in stoßgeschützten Uhren eingebaut.


Wenn an einer Welle ein Freistich gefertigt werden muss, um z.B. einen Sprengring oder ein anderes Element aufzusetzen, entsteht eine Spannungskonzentration am geschwächten Querschnitt (Abb. b1).
Um eine gleichmäßigere Beanspruchung zu erreichen, muss man versuchen, diesen Übergang allmählicher zu gestalten. Da hier auf die Kerbe nicht verzichtet werden kann und in diesem Fall keine Möglichkeiten besteht einen Radius auf eine andere Art anzubringen, werden zusätzlich Entlastungskerben eingearbeitet (Abb. b2), wodurch der Spannungsverlauf gleichmäßiger ausfällt. Die Variante in Abbildung c stellt einen Träger dar, der eine Bohrung besitzt. Der Träger soll beispielsweise mit einer Zugspannung belastet werden. Der gefährdete Querschnitt ergibt sich im Bereich der Bohrung. Diese Zone kann entlastet werden, wenn zusätzlich Entlastungsbohrungen (Abb. c2) mit kleinerem Durchmesser angebracht werden. Der Übergang von Spannungskonzentrationen im Bereich der Bohrung zum normalen Träger hin wird dadurch allmählicher gestaltet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass beim Prinzip der abgestimmten Verformung der Grundsatz verfolgt wird, dass alle Teile so gestaltet werden sollen, dass keine Relativverformungen stattfinden. Dies gilt besonders für die Gruppe der Paarungen, wo die miteinander verbundenen Teile so gestaltet werden sollten, dass diese Art der Verformung nicht eintreten kann. Erreicht wird dies, indem die Deformation gleich gerichtet und möglichst gleich groß ausfallen soll. Ein weiterer Aspekt ist die Vermeidung von Spannungskonzentrationen innerhalb von Bauteilen, indem allmähliche Übergänge zwischen unterschiedlichen Querschnitten umgesetzt werden. Diese können auch durch zusätzliche Formelemente, wie Entlastungskerben oder Bohrungen realisiert werden. Spannungskonzentrationen innerhalb der Teile sind zu reduzieren. Die Übergänge zwischen unterschiedlichen Querschnitten werden gleichmäßig gestaltet und schroffe Absätze werden vermieden.
Das Prinzip der abgestimmten Verformung ist nicht nur bei der Weiterleitung von Kräften innerhalb von Bauteilen oder von einem Bauteil zum anderen zu beachten, sondern auch bei der Verzweigung oder Zusammenführung von Kräften oder Momenten.
Der im Bild 1 dargestellte Körper steht auf einer Unterlage und wird mit der Kraft F belastet. Diese Kraft muss auf den Untergrund übertragen werden. Um den Unebenheiten der Aufstellfläche entgegenzuwirken und ein Kippen zu vermeiden, müssen definierte Berührungsflächen (Paarungsstellen) zur Kraftübertragung geschaffen werden. Das heißt, dass die Kraft F nicht an zufällig verteilten Berührungsflächen übertragen werden soll, sondern an definierten. Durch Aussparen entstehen Stützflächen, die zur Kraftaufnahme genutzt werden. Je weiter außen diese sich befinden, um so besser ist die Stabilität der Verbindungsstelle.

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 Bild 1: Prinzip der definierten Kraftaufteilung
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Die Kräfte F1 und F2 teilen sich auf und werden von der Unterlage aufgenommen. Die erste Regel für dieses Prinzip lautet somit, dass eine Konstruktion oder Paarung so gewählt werden soll, dass definierte Stützflächen entstehen. Wenn an den definierten Stützstellen die Kräfte übertragen werden, kann es zu einer Durchbiegung an anderen Stellen kommen.
Die Aufteilung der Kräfte ist noch einmal in Bild 2 dargestellt. Daraus folgt die zweite Regel, die besagt, dass die Reaktionskräfte an den Stützstellen möglichst gleich groß sein sollen. Bei einer symmetrischen Anordnung stellt dies kein Problem dar, da die Kräfte sich an beiden Stützstellen halbieren.
Regel 2: Reaktionskräfte an den Stützstellen gleich groß


Wenn das Durchbiegen eines solchen Teiles für die Funktion nicht zulässig ist, sollte man dem entgegen wirken. Erreicht wird dies durch steifes Gestalten des Körpers. Dazu muss wiederum viel Material eingesetzt werden, was sich nicht als günstig erweist. Eine bessere Lösung stellt die Integration weiterer Stützstellen dar, wie es im Bild 3 dargestellt ist.


Im Bild 3 sind in Abbildung a drei Stützstellen erkennbar. Wichtig ist, dass die Kraft auf diese drei Stellen gleichmäßig aufgeteilt wird (überall F/3). Der Mechanismus ist eine Hebelanordnung, welche die Kraftaufteilung realisiert. Diese Aufteilung der Kraft F kann noch beliebig fortgesetzt werden, indem weitere Stützstellen hinzugefügt werden. Der positive Effekt einer solchen Aufteilung ist die Verkleinerung der Flächenpressung an den einzelnen Punkten.
Ein Praxisbeispiel ist der Scheibenwischer an Kraftfahrzeugen. Die Andruckkraft wird aufgeteilt und gleichmäßig über die ganze Länge der Wischerblätter verteilt.
Eine weitere, speziellere Anwendung findet man bei der Lastaufnahme des Spiegels in einem Planetarium. Dort sind die Stützflächen über die gesamte Unterseite des Spiegels verteilt und verhindern dadurch die Durchbiegung und ein mögliches Reißen des Spiegels durch sein Eigengewicht. Gleichzeitig wird dadurch sichergestellt, dass eine Verfälschung von Spiegelbildern durch Verzerrungen des durchgebogenen Spiegels ausgeschlossen wird.
Überall, wo man eine gleichmäßige Kräfteverteilung benötigt, sind die Konzepte der Kraftaufteilung einsetzbar.
Bei Aufgaben und Lösungen im Maschinen- und Gerätebau handelt es sich fast immer um die Erzeugung von Kräften und/oder Bewegungen und deren Verknüpfung, Wandlung, Änderung und Weiterleitung im Zusammenhang mit dem Stoff-, Energie- und Signalumsatz. Eine häufig wiederkehrende Teilfunktion ist dabei die Aufnahme und Weiterleitung von Kräften und Momenten.
Die Prinzipien, die hier besprochen wurden, geben eine Orientierung für die Gestaltung von Bauteilen sowie deren Verbindungen und die Auswahl der entsprechenden Werkstoffe. Kerngedanken sind hierbei die Betrachtung der Kraftflussverläufe in Bauteilen und Mechanismen und der daraus resultierenden Verformungen.
